Familie Kampffmeyer

Zur Geschichte der Kampffmeyer’schen Familie(nstiftung)

Am 28.05.1898 wurde im königlichen Amtsgericht zu Görlitz die Kampffmeyer´sche Familienstiftung beurkundet.

Das Vermögen zwischen den 7 Brüdern, den Söhnen des Gerbermeisters Martin Matthias (06.08.1793 – 25.05.1868), war in deren zweiten Lebenshälfte sehr verschieden verteilt. Drei hatten aufgrund der notwendigen, aber nicht durchführbaren Technisierung von Mühlen verschieden heftig ihre Pleiten erlebt..

Die Brüdergemeinde
Stehend: Hugo Kampffmeyer, Wilhelm Kampffmeyer, Martin Kampffmeyer
Sitzend: Heinrich Kampffmeyer, Franz Kampffmeyer, Theodor Kampffmeyer
Bild: Paul Kampffmeyer            (von rechts nach links)

Franziska Schmidt geb. Kampffmeyer geb. 19.11.1827 gest. 23.04.1897
Ilse (geb. Schüller) und Carl Kampffmeyer geb. 23.05.1899; 28.08.1880 gest. 05.01.1963; 14.01.1961

Heute kann die Stiftung mangels Masse infolge von zwei Inflationen, den Folgen des 2. Weltkrieges, spärlicher Spendeneingänge und der Steuergesetze die ursprünglichen Aufgaben für die Familie, wozu früher auch geringe monatliche Rentenzahlungen gehörten, nicht mehr erfüllen. Das auf 2.000,- DM zusammengeschrumpfte Kapital wurde jedoch nach dem Krieg durch eine erneute Erbschaft – ein Einfamilien-Wohnhaus von Ilse und Karl Kampffmeyer, (Stamm Hugo) in Einbeck – vermehrt. Mit diesem Werteinsatz konnte die Familienstiftung am 27.02.1967 in heutiges Recht (Berliner Stiftungsgesetz, Aufsichtsbehörde ist die Senatsverwaltung für Justiz) umgewandelt werden. Aufgrund von Verwaltungsschwierigkeiten wurde dieses Haus verkauft und der Erlös überwiegend in Wertpapieren angelegt. Das Kapital konnte weiter vermehrt werden; die Erträge reichen aber nur für anfallende Kosten, die besonders bei den etwa alle drei Jahre stattfindenden gemeinsamen Familientagen entstehen.

Für die Beseitigung existentieller Not ist heute der Staat mit seiner Sozialgesetzgebung, im Gegensatz zum vorigen Jahrhundert, verantwortlich; ein Umstand, der auch die generelle Frage stellen lässt, ob diese Gesetzgebung andererseits die Gedanken zu interfamiliärer Hilfe auf verschiedenen Ebenen verkümmern lässt.

Wenn in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg über die Familie berichtet wurde, einigten man sich häufig auf die verkürzte Zuordnung der Familienmitglieder: schwarz (die Pastoren), weiß (die Müller) oder rot (die Sozialisten).

Über den Wandel religiöser und ethischer Werte und das Verhältnis der verfaßten Kirche zum Staat in den letzten 100 Jahren gibt es Literaturbeiträge von Karl Kampffmeyer, Bremen. Auch hier verursachten das Ende der Kaiserzeit sowie das „III. Reich“ die stärksten Veränderungen. Heute, in einer pluralistischen Gesellschaft, sind – zum mindesten nach dem Grundgesetz – Kirche und Staat voneinander getrennt, und immer mehr Menschen befolgen aktiv den häufig gehörten Satz: „Ick lat mi doch von de Kerk nich min´ Glowen su´r maken“, was immerhin Glauben, aber ohne Fremdbestimmung, verrät. Diese Ansicht wird heute stärker als in den letzten Jahrzehnten demonstriert und drängt auch die noch tätigen Pfarrer der Familie mehr zu religiös getragenem menschlichen Beistand, manchmal ohne die Sakramente der Kirche. Mit dieser Entwicklung konnte z.B. in den Niederlanden die moslemische Kirche die größte werden.

Die Weißen, die Müller, haben ihren Besitz entweder durch Vertreibung aus dem heutigen Polen bzw. Enteignung in Ostdeutschland nach dem 2. Weltkrieg oder durch die Entwicklung im Müllergewerbe in jüngster Zeit verloren. Nach dem Krieg fanden aber alle Müller aus den Gebieten östlich der damaligen Bundesrepublik Deutschland ein Auskommen in den Betrieben von Kurt Kampffmeyer. Heute ist keiner mehr als Müller oder im Landhandel tätig.

Die Tätigkeit der roten Kampffmeyer wurde vom Rest der Familie nur wenig, und wenn, dann unvollständig, wahrgenommen. Sie waren Sozialisten, auch wenn es in der Tat „nur“ sozialdemokratische Revisionisten oder Sozialreformer, z.B. in der Gartenstadtbewegung waren. Die Richtigkeit des Gedankens, auf demokratischem Wege über Parteien die notwendigen sozialen Veränderungen in Deutschland herbeizuschaffen – und nicht über die Diktatur des Proletariats – wurde durch die Annahme des Godesberger Programms erst nach dem 2. Weltkrieg bestätigt. Die Notwendigkeit zur Beseitigung der Wohnungsnot von Arbeitern wurde von der Gartenstadtbewegung erkannt. Sie hatten damals ein heute idealistisch anmutendes Konzept, das in verkümmerter, abgewandelter Form nach 1945 auch von den gewerkschaftlich getragenen Wohnungsbaugesellschaften und Bausparkassen weiter verfolgt wurde.

So haben sich die Pläne der Sozialreformer in der Folge weitgehend erfüllen lassen, und die Nachfolger müssen in dem sich erheblich verändernden Umfeld nach Methoden suchen, um die heute sozial Benachteiligten ansprechen zu können.

Verglichen mit der Brudergemeinde der Sieben und den darauf folgenden 2 Generationen, die deren Geisteshaltung noch direkt erfahren konnten und im familiären Bereich normierten, sind wir heute zwischen den Stämmen entfremdet. Andererseits kam nicht nach Änderung der Satzung der Familienstiftung 1967 der Gedanke auf, man möge doch die Familienstiftung und die Familientage nach 100 Jahren auflösen. Etwas scheint herübergerettet zu sein bis in unsere Tage, was die Hilfe in Not zwischen einzelnen Kleinfamilien oder aktuellen Anlässen bezeugt. Immerhin werden die heutigen Familientage mehr und mehr auch als Treffpunkt von weit verstreuten Stammesmitgliedern sich weiter verzweigender Familien genutzt.

Dr. Hermann G. Kampffmeyer
Hebertshausen